v.l.n.r.: Ultrahocherhitzt; Heumilch pasteurisiert; Milch pasteurisiertRohmilchkäse gefährlich?
 

In den 80er-Jahren sollte er verboten werden: Es gab Todesfälle und nicht wenige Erkrankungen auf Grund der Listerine in der Milch.

 

Es ist unbestritten, dass Rohmilchkäse aromatischer und besser schmeckt, als solcher aus pasteurisierter Milch. Das liegt daran, dass das Pasteurisieren (kurzzeitiges Erhitzen auf ca. 75°) nicht nur viele Keime abtötet, sondern auch die Inhalts- und Geschmacksstoffe verändert. Das müsste man sicher in Kauf nehmen, wenn von unpasteurisierter, sog. Rohmilch, erhebliche Gefahren für den Menschen ausgehen. Dies ist der Fall, wenn die Milch bzw. der Käse  z.B. sog. Listeria monocygotenes enthalten, die krank machen und unter bestimmten Umständen zum Tod  führen. Dabei ist jedoch anzumerken, dass nicht nur Käse, sondern auch andere Lebensmittel (Wurstwaren, Hackfleisch etc.) Listerien enthalten können.  

Todesfälle gab es in den Jahren 1983-88 in der Schweiz: 122 Menschen erkrankten an den Listerien, 33 starben. In der folgenden Diskussion ging es schnell um ein Verbot von Rohmilchkäse. Aber wie so oft bei der Frage, ob Lebensmittel gesund oder nicht gesund sind, lief die Diskussion aus dem Ruder - sie wurde zum Glaubenskrieg. Und dabei wird in aller Regel die Kirche aus dem Dorf getragen.

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die Zahl der Todesfälle auf Grund von Listerien in Rohmilchkäse in den Jahren 1985 - 95 weltweit bei 92 lag. Die Zahl der Toten durch Salmonellen - nur in Deutschland - lag in einigen dieser Jahre wesentlich höher. Dies macht die Todesfälle nicht weniger schlimm, aber diese Zahlen relativieren die Gefahr. Neuere Zahlen des Robert-Koch-Instituts belegen in den letzten Jahren eine sehr geringe Infektionszahl in Deutschland (8 Fälle von 2014-17). Lediglich durch einen wurstverarbeitenden Betrieb stiegen die Zahlen  in 2018/19 auf 29 an. Im Gesamtzeitraum verstarben 14 Menschen an Listeriose.

Darüber hinaus hat sich - angestoßen durch die Vorfälle in der Schweiz - inzwischen einiges getan. Bei Verdachtsfällen wurde die Zeit für den Nachweis von Listenien von 65 Tagen (1985) auf 10 Tage (1993) und seit 2006 auf 48 Stunden gesenkt. Die Fortschritte bei der DNA-Analyse lassen die Infektionswege und -ursachen schneller nachvollziehen und durch verbesserte Workflows und Qualitätssicherungsmaßnahmen wird viel getan, um Infektionen zu verhindern.

Ich denke, dass sich hieraus sehr klar ergibt, dass es sich bei diesem Problem um ein allgemeines - und dazu noch ein sehr geringes - Lebensrisiko handelt, das weder den Verzicht auf Rohmilchkäse nahelegt, noch gar ein Verbot. Aber wir Deutschen neigen ja dazu eher über die negativen Seiten von Lebensmitteln zu reflektieren, als uns mit der Qaualität zu beschäftigen (Dollase). Und vielleicht entspricht es auch einem Trend, lieber Behauptungen aufzustellen, als Fakten zu checken.

 

Quellen: Robert-Koch-Institut - slow food hamburg - agroscope