(Sie) Halberstädter Würstchen

 

An sich sind wir sehr dafür, dass landwirtschaftliche Erzeugnisse nicht nur ordentlich hergestellt werden und dass sie gut sind. Sehr gut auch, dass regionale oder sonst typische Spezialitäten geschützt werden, heißt dass der Parmaschinken nicht aus Westfalen, das toskanische Olivenöl nicht aus Spanien oder der Original-Parmesan nicht aus den USA kommen.

 

Manchmal treibt das allerdings durchaus witzige Blüten. Dazu gehört noch nicht die gesetzliche Regelung. Sie ist als Defintion der Herkunfts- und/oder Qualitätsmerkmale notwendig und die rechtliche Basis, die die Verteidigung Fälschungen gegenüber ermöglicht. Die EU hat dies gelöst durch mehrere Siegel und die dazu gehörenden deutschen Abkürzungen. In Klammer Bezeichnungen in Frankreich, Italien, Spanien)

 

g. U. (AOP, DOP )– Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung eines Erzeugnisses in einem bestimmten geografischen Gebiet nach einem anerkannten und festgelegten Verfahren;

 

 

 

 

 

 

g. g. A. (IGP) – enge Verbindung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel mit dem Herkunftsgebiet. Mindestens eine der Produktionsstufen – also Erzeugung, Verarbeitung oder Herstellung – wird im Herkunftsgebiet durchlaufen;

 

 

 

 

 

g.t.S. (STG; STG; ETG) – traditionelle Zusammensetzung des Erzeugnisses oder traditionelles Herstellungs- und/oder Verarbeitungsverfahren. Dazu gehören z.B. Produkte wie Mozzarella; Serrano-Schinken; österr. Heumilch oder Pizza napoletana.

 

 

 

Mehr dazu bei Wikipedia

 

Die verschiedenen Produkte, die geschützt sind (oder bei denen das Registrierungsverfahren läuft) lassen sich nunmehr in der Datenbank >>>>„Door“ abrufen, einschließlich der Produktbeschreibungen.

Und siehe da, die Datenbank enthält rund 1700 registrierte Produkte (Stand Ende 2019)². Von vielen dieser Produkte, die ja typisch und besonders empfehlenswert sein sollen, habe ich zumindest überhaupt noch nichts gehört. Aber wahrscheinlich kennen Sie ja

 

(LONGKOU FEN SI)/China;

ΦΑΒΑ ΣΑΝΤΟΡΙΝΗΣ (FAVA SANTORINIS)/GR    oder

Göttinger Stracke/D, um nur drei zu nennen.

 

Vielleicht wird da ein bisschen viel erfasst, ohne dass diese Produkte überregional bekannt sind und sich qualitativ hervorheben. Diese Siegel sollen vor Fälschung schützen, aber dazu gehört auch, dass sich die Fälschung lohnt. Uns jedenfalls sagen viele der Produkte nichts. Was aber noch schlimmer ist: Auch die Abkürzungen (die ja in jeder Sprache anders heißen) und Symbole sind nicht wirklich bekannt. In Italien, das die meisten geschützten Bezeichnungen hat eintragen lassen, zeigen die Erfahrungen, dass mit der Registrierung praktisch keinerlei positive Auswirkungen auf den Verkauf dieser Waren verbunden sind. Deshalb sieht man wohl auch die Symbole so selten oder überhaupt nicht.

 

Aber noch etwas zu den Konsequenzen, wenn man eine solche geschützte Bezeichnung zu Unrecht benutzt. Dazu ein Beispiel: Sie sagen zu jemandem „Sie Halberstädter Würstchen“ und dieser jemand ist nicht - wie eu-weit vorgeschrieben - „ein feines, längliches Brühwürstchen im zarten Naturdarm (Schafsaitling), mit charakteristischer dunkler Räucherfarbe und unverwechselbarem,  intensivem Rauchgeschmack“, dann haben Sie ein Problem. Dieser Jemand kann Sie nicht nur wegen Beleidigung belangen (weil er ja zu Unrecht von Ihnen so genannt wurde), nein auch jeder Halberstädter kann Sie belangen, weil Sie das Ansehen dieser Stadt und Ihrer Bürger in Misskredit gebracht haben. Deshalb sollten Sie zukünftig wenigstens darauf achten, dass die Orte, die Sie ansprechen, möglichst klein sind. Vermeiden sollten Sie deshalb in jeden Fall chinesische Beschimpfungen, unter 1-2 Millionen geht da gar nichts und dann dürfte Ihnen Ihre Bemerkung "Sie Peking-Erpel" teuer zu stehen kommen. Ausnahmen gelten hier für Journalisten und Satiriker wie der Fall Strache oder ein Spottgedicht auf Erdogan gezeigt haben.

 

²Die Doors-Datenbank wird seit Ende 2019 nicht mehr weitergeführt, sondern enthält nur noch die Daten bis zu diesem Zeitpunkt. Ab 1.1.2020 steht die Datenbank eAmbrosia zur Verfügung. die neben den geschützten Lebensmitteln auch Wein, Spirituosen und aromatisierten Wein enthält (über 3.700 Produkte). Wer übrigens Bier sucht, der findet das unter Lebensmittel 2.1.

 

 

 

 

© für Inhalte und Bilder bei arbovin erhard arbogast.

Veröffentlichung nur mit unserer Genehmigung.

 

Homepage-Sicherheit

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Mehr Informationen unter den Datenschutzhinweisen.